Es war der 13. März 2008, und der 18 Jahre alte NRW-Skirennläufer Andreas Sander durfte zum ersten Mal im Weltcup starten. Die Teilnahme am Super-G in Bormio hatte er sich verdient, weil er zwei Wochen zuvor Gold bei der Junioren-WM in dieser Disziplin gewonnen hatte. Hannes Reichelt aus Österreich gewann damals, und die Mitbewerber hießen Hermann Maier oder Bode Miller. Sander? Schied aus.
Doch dass der junge Mann, der das Skifahren auf der Teufelswiese im nordrhein-westfälischen Ennepetal-Rüggeberg erlernt hat, genug Talent besaß, um ein Großer zu werden, blieb unbestritten. Allerdings: Nachgewiesen hat es Sander, der inzwischen im Allgäu daheim ist, viel zu selten. Es folgten weitere 178 Rennen im Weltcup, sieben Mal kam er dabei unter die ersten Fünf, zweimal wurde er Vierter.
Vor zwei Jahren schien dann der Knoten endlich geplatzt zu sein. Sander fuhr bei der WM in Cortina d'Ampezzo fast wie aus dem Nichts zu Silber in der Abfahrt - doch es dauerte bis zum gestrigen Sonntag, ehe die Sozialen Netzwerke von ihm und anderen geflutet wurden mit Bildern wie diesem: Sander sitzt auf den Schultern der Teamkollegen, alle feiern den zweiten Platz beim Super-G in Aspen/Colorado.
Bis zum Sonntag (5. März) musste Sander also 15 Jahre und bis zu seinem 180. Rennen im Weltcup warten, ehe dieses Bild entstand. "Sensationell. Ich bin mega happy", sagte er, gab sich aber auch "überrascht, dass es endlich so geklappt hat". Es ist nicht gerade alltäglich, in einem Super-G auf dem Podest zu stehen: In der Regel machen sich dort Marco Odermatt aus der Schweiz und Aleksander Aamodt Kilde aus Norwegen breit.
So war es auch diesmal. Auf dem Siegerfoto stand Odermatt in der Mitte, Kilde als Drittplatzierter links von ihm, doch viel hätte nicht gefehlt, dann hätte Odermatt mit Sander sogar den Platz tauschen müssen: Nur 0,05 Sekunden trennten den 33 Jahre alten Westfalen vom Sieg. Noch etwas knapper, um 0,01 Sekunden, war er bei der WM-Abfahrt vor zwei Jahren an Gold vorbeigeschrammt.
Andreas Sander ist ein sehr analytisch denkender Rennläufer, er steht sich manchmal selbst im Weg, weil er sich zu viele Gedanken macht. In Ansätzen schimmerte dies nach seinem Erfolg in Aspen durch, "es war ein kleiner Fehler da", sagte er. Dann aber fügte er schnell an: "Das versuche ich schnell zu vergessen und mich nur zu freuen."
Nur zehn Tage später, am Mittwoch (15. März), nutzte Sander den Aufschwung für seinen nächsten Erfolg: Beim Weltcupfinale in Soldeu/Andorra fuhr Andreas Sander in der Abfahrt als Dritter erneut aufs “Stockerl“. Beim Sieg des Österreichers Vincent Kriechmayr gab es zusammen mit Teamkollege Romed Baumann das erste deutsche Doppelpodium seit 1992.